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Literatur Künstler-Gedenken

Michiko
Michiko
Mitglied

RE: Künstler-Gedenken
geschrieben von Michiko
als Antwort auf Maikel vom 07.05.2024, 10:20:28
Ja lieber Maikel,
da ist was dran an der gemütlichen Einsamkeit. Auch Wilhelm Busch hat sich darüber so seine Gedanken gemacht und hat ein Gedicht gedichtet, typisch! 

             Der Einsame
Wer einsam ist, der hat es gut,
Weil keiner da, der ihm was tut.
Ihn stört in seinem Lustrevier
Kein Tier, kein Mensch und kein Klavier,
Und niemand gibt ihm weise Lehren,
Die gut gemeint und bös zu hören.

Der Welt entronnen, geht er still
In Filzpantoffeln, wann er will.
Sogar im Schlafrock wandelt er
Bequem den ganzen Tag umher.
Er kennt kein weibliches Verbot,
Drum raucht und dampft er wie ein Schlot.

Geschützt vor fremden Späherblicken,
Kann er sich selbst die Hose flicken.
Liebt er Musik, so darf er flöten,
Um angenehm die Zeit zu töten,
Und laut und kräftig darf er prusten,
Und ohne Rücksicht darf er husten.

Und allgemach vergißt man seiner.
Nur allerhöchstens fragt mal einer:
»Was, lebt er noch? Ei Schwerenot,
Ich dachte längst, er wäre tot.«
Kurz, abgesehn vom Steuerzahlen,
Läßt sich das Glück nicht schöner malen.

Worauf denn auch der Satz beruht:
»Wer einsam ist, der hat es gut.«

Herzliche Grüße mit Sonne im Herzen dank craiyon an alle hier im Stübchen

Michiko
craiyon_102835_Rainbow_love_heart_symbol_in_heaven.png
Clematis
Clematis
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RE: Künstler-Gedenken
geschrieben von Clematis
als Antwort auf Michiko vom 07.05.2024, 14:30:30
HandVogel-Rahmen-640.jpg


Hast Du noch nie bemerkt, wie verachtete, geringe Dinge
sich erholen, wenn sie in die breiten zärtlichen Hände eines
Einsamen geraten? Wie kleine Vögel sind sie, denen die
Wärme wiederkehrt, sie rühren sich, wachen auf, und ein
Herz beginnt in ihnen zu schlagen, das wie die äusserste
Welle eines mächtigen Meeres in den horchenden
Händen steigt und fällt.

Rainer Maria Rilke - aus einem Brief
in:
Lektüre für Minuten - Insel-Verlag


Clematis

 
Maikel
Maikel
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RE: Künstler-Gedenken
geschrieben von Maikel
als Antwort auf Clematis vom 07.05.2024, 18:05:38

Schön gesagt von Rainer und schön illustriert von Ingeborg. 🌞


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Michiko
Michiko
Mitglied

RE: Künstler-Gedenken
geschrieben von Michiko
als Antwort auf Clematis vom 07.05.2024, 18:05:38
HandVogel-Rahmen-640.jpg


Hast Du noch nie bemerkt, wie verachtete, geringe Dinge
sich erholen, wenn sie in die breiten zärtlichen Hände eines
Einsamen geraten? Wie kleine Vögel sind sie, denen die
Wärme wiederkehrt, sie rühren sich, wachen auf, und ein
Herz beginnt in ihnen zu schlagen, das wie die äusserste
Welle eines mächtigen Meeres in den horchenden
Händen steigt und fällt.

Rainer Maria Rilke - aus einem Brief
in:
Lektüre für Minuten - Insel-Verlag


Clematis

 
Ich stimme Maikels Worten zu und staune immer wieder, was dieser Rainer Maria Rilke für Empfindungen in Worte fassen konnte. Der kleine Vogel fühlt sich geboren, das hast Du mit den wenigen Strichen wunderbar zum Ausdruck gebracht, liebe Clematis.

LG Michiko
Clematis
Clematis
Mitglied

RE: Künstler-Gedenken
geschrieben von Clematis
als Antwort auf Michiko vom 07.05.2024, 19:32:06
Danke @Maikel und @Michiko fürs Lesen und Lob für Rilkes Gedanken.

Rainer Maria Rilke, dieser hochsensible, immer kränkliche Mensch
hat speziell in Briefen seine zarte Seele dargelegt.
Er sah und bemerkte sogar in den Dingen, die in pflegende Hände
gerieten, ein gewisses aufwachen, atmen, lebendig werden.

Gut, liebe Miciko, dass Du meine Zeichnung verkleinert hast,
so seh ich auch besser, wo etwas mehr verstärkt werden sollte.

Gut, so isses gut.

Clematis

 
Clematis
Clematis
Mitglied

RE: Künstler-Gedenken
geschrieben von Clematis
als Antwort auf Clematis vom 08.05.2024, 08:30:49
Dunant, Henry.jpg


Fernandel - 8. 5. 1903 - 26. 2. 1971
Guareschi, Giovannino2.jpg


Clematis
 

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Maikel
Maikel
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RE: Künstler-Gedenken
geschrieben von Maikel
als Antwort auf Clematis vom 08.05.2024, 08:34:24

Menschen wie Henry Dunant, oder Gandhi, Nelson Mandela, Martin Luther King, Bertha von Suttner, Rosa Parks und so viele andere, sorgen dafür, dass man nicht völlig an der Menschheit verzweifelt ...


 
 
... und staune immer wieder, was dieser Rainer Maria Rilke für Empfindungen in Worte fassen konnte.


Dieses Staunen (über alle Dichterinnen und Dichter) empfinde ich ebenso und es wird nie vergehen, das erklärt wohl auch die immer spannende Vorfreude, wenn ich einen Gedichtband aufschlage.
 
 
Der kleine Vogel fühlt sich geboren, das hast Du mit den wenigen Strichen wunderbar zum Ausdruck gebracht, liebe Clematis.
 

Wie wahr. Dass der Vogel sich geborgen fühlte, machte ich daran fest, dass er vertrauensvoll die Augen schloß.


Das erinnerte mich an eine Besuchskatze, ich war sehr beglückt, als sie zum ersten mal soviel Vertrauen hatte, dass sie bei mir in der Wohnung schlief - gut, zwar vorsichtshalber oben auf dem Kleiderschrank, aber immerhin. 😁


Miezekatze 1.jpg
 
Clematis
Clematis
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RE: Künstler-Gedenken
geschrieben von Clematis
als Antwort auf Maikel vom 08.05.2024, 11:05:14

Lieber Maikel, das war Felix am ersten Tag bei mir.

Felix-Schrank-Foto_2021-09-01_093549 (2).jpg

auf dem Schrank, hinter einem alten Nähkästchen hat er
mich beobachtet.

😁

ja, da kannst Du stolz drauf sein, sie lieben die Übersicht

Clematis
 

Maikel
Maikel
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RE: Künstler-Gedenken
geschrieben von Maikel
als Antwort auf Clematis vom 08.05.2024, 11:16:37

... auf dem Schrank, hinter einem alten Nähkästchen hat er mich beobachtet.

😁

 


Das ist ja wirklich wundervoll, ein Felix mit einem schalkhaften Ausdruck in den Augen, vielen Dank, liebe Clematis, dass Du das mit uns teilst. 😊
Clematis
Clematis
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RE: Künstler-Gedenken
geschrieben von Clematis
als Antwort auf Maikel vom 08.05.2024, 12:06:31
Der Panther


Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.

R. M. Rilke
"Im Jardin des Plantes, Paris"


Clematis
 

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